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    Marc Chagall


    Памер: 99с.
    Мінск 1992
    101.96 МБ
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    Der Krieg, 19641966
    Öl auf Leinwand, 163 x 231 cm Zürich, Kunsthaus Zürich
    RECHTS:
    Bildnis Vava Chagall, 1966
    Öl auf Leinwand, 92 x 65 cm
    Im Besitz der Erben des Künstlers
    Welt, die der seiner Bilder so verwandt ist und der eine Vielzahl seiner Gemälde gewidmet ist wie etwa «Der große Zirkus« (Abb. S. 87) oder »Die große Parade« (Abb. S. 90). Ausgelassenheit und Musik, ein Kabinett des Zaubers und der Absonderlichkeiten, ein Ort, an dem scheinbar kein Gesetz mehr Gültigkeit besitzt  Eigenschaften, die ebenso die Bilder Chagalls beschreiben wie den Zirkus. Stellt der Maler das ausgelassene Treiben in der Arena dar, so konkretisieren sich seine ansonsten träumerischen Phantasien und finden eine Entsprechung in der Realität. Der fliegende Mensch ist unter dem leuchtenden Zeltdach eben nichts anderes als ein Trapezkünstler.
    Auch der wundersam geflügelte Mensch im Bild »Der Sturz des Ikarus« (Abb. S. 88) entspringt nicht der Phantasie des Malers, sondern fußt auf der griechischen Sage, nach der Ikarus und sein Vater Dädalus einen Flugapparat bauten, um aus ihrer Gefangenschaft auf der Insel Kreta zu fliehen. Der etwas zu ungestüme Sohn näherte sich beim Flug zu sehr der Sonne, wodurch er seine Flügel verlor, die durch Wachs zusammengehalten waren, und ins Meer stürzte. Chagall hat den Ort der Handlung etwas verlagert, das
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    Die Komödianten, 1968
    Öl auf Leinwand, 150 x 160 cm Schweiz, Privatbesitz
    Unglück wird jetzt von ungezählten Zuschauern aufmerksam verfolgt. Die dörfliche Ruhe ist durch das geschichtsträchtige Ereignis empfindlich gestört. Ist das Gemälde »Der Fall des Ikarus« in ungewöhnlich hellen Farben gehalten, um so die besondere Rolle der Sonne in der überlieferten Sage hervorzuheben, so überwiegen umgekehrt im Bild »Der Mythos des Orpheus« (Abb. S. 89) dunkle Töne, mußte doch der griechische Held, um seine geliebte Gattin Eurydike zu befreien, in die Unterwelt hinabsteigen.
    Großes zu schaffen war Chagalls Wille, und er löste diese selbst auferlegte Forderung in jeder seiner Schaffensepochen auf andere Weise. Im Spätwerk waren es, neben einigen Lithogra
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    Der große Zirkus, 1968
    Öl auf Leinwand, 170 x 160 cm New York, Pierre Matisse Gallery
    phienfolgen wie den berühmten Bibelillustrationen (erschienen 1957) und »Daphnis und Chloe« (erschienen 1961), vor allem monumentale Wandmalereien, Mosaiken, Gobelins und Glasfenster, die seine schöpferische Kraft herausforderten. In kurzer Folge entstanden, um nur die wichtigsten Arbeiten zu nennen: Ausstattung der Kirche von Plateaud’Assy in Savoyen (1957); Fenster für die Kathedrale von Metz (ab 1958); Wandbild im Foyer des Frankfurter Schauspielhauses (1959); Fensterfür die Synagoge der Jerusalemer Universitätsklinik (1962); Fenster im Haus der Vereinten Nationen in New York und Deckengemälde für die Pariser Oper (1964); Wanddekorationen in Tokio und Tel Aviv sowie für die
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    Der Sturz des Ikarus, 1975
    Öl auf Leinwand, 213 x 198 cm Paris, Musee National d’Art Moderne, Centre Georges Pompidou
    Metropolitan Opera in New York (1965); Wanddekorationen für das neue Parlament in Jerusalem (1966); Mosaiken für die Universität in Nizza (1968); Glasfenster für das Zürcher Frauenmünster (1970); Mosaiken für das ChagallMuseum in Nizza (1971); Fenster für die Kathedrale in Reims und Mosaiken für die First National Bank in Chicago (1974); Fenster für St. Stephan in Mainz (ab 1978).
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    Der Mythos des Orpheus, 1977
    Öl auf Leinwand, 97 x 146 cm Im Besitz der Erben des Künstlers
    Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft sollte weder für Chagall noch für seine Auftraggeber ein entscheidendes Kriterium sein. Synagogen wie Kathedralen wurden gleichermaßen ausgestattet. Schließlich hatte selbst «der Kommunist Leger« eine Kapelle ausmalen dürfen und natürlich auch Matisse. Bei dessen Wandmalereien in Vence hatte Chagall freilich den Eindruck, sie seien nicht zum Beten gemacht. Sein Stil eignete sich für derlei Aufgaben ungleich besser, war es doch entscheidend, einen allgemein religiösen Grundton zu treffen; die abgebildeten Motive rückten dabei in den Hintergrund. Die Fenster für die Kirche All Saints in der englischen Grafschaft Kent (Abb. S. 91) etwa spielen nur in Versatzstücken auf den Tod eines Mädchens an. Sie ertrank bei einem Unfall auf See, worauf ihre Eltern die Fenster stifteten. Ein privates Schicksal wird in der Darstellung mit gebräuchlichen Figuren und Symbolen aus religiösem Kontext angereichert. Zu sehen sind aber im wesentlichen der Natur entlehnte Motive, die mit dem alles überflutenden Blau den begehrten mystischen Klang anschlagen, der zu Muße und Buße einlädt.
    Wie kein anderer Künstler des 20. Jahrhunderts verstand es Chagall, vermeintlich Unvereinbares miteinander in Einklang zu bringen. Er überbrückte in Jahrhunderten gewachsene Differenzen
    »Ein guter Mensch kann bekanntlich ein schlechter Künstler sein. Aber niemals wird jemand ein echter Künstler, der kein großer Mensch und daher auch kein »guter Mensch« ist.«	marcchagall
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    Die große Parade, 1979/80
    Öl auf Leinwand, 119 x 132 cm New York, Pierre Matisse Gallery
    RECHTS:
    Johannes, 1978
    Glasfenster, 157,5 x 40 cm
    Tudeley (Kent), All Saints
    Markus und Matthäus, 1978
    Glasfenster, 131,5 x 34,5 cm
    Tudeley (Kent), All Saints
    zwischen Religionsgemeinschaften, Weltanschauungen und nicht zuletzt künstlerischen Ideologien. Diese seine Integrationskraft erfüllte die Sehnsucht des Publikums nach einer Menschheit als harmonischer Familie, einer Welt des brüderlichen Friedens. Nichts weniger als Arkadien, Paradies und Elysium in einem sollte die labende Botschaft sein und der Wanderer zwischen den Welten, Marc Chagall, ihr Verkünder.
    Marc Chagall 1887  1985: Leben und Werk
    1887 Marc Chagall wird am 7. Juli als ältestes von neun Kindern einer jüdischen Familie in Witebsk (Weißrußland) geboren. Seine Mutter, FeigeIta, ist eine einfache Frau, sein Vater Sachar ist Arbeiter in einem Heringsdepot.
    1906 Beendet die Gemeindeschule und wird Schüler im Atelier des Malers Jehuda Pen.
    1907 Geht mit Freund Mekler nach Sankt Petersburg und besucht Schule der »Kaiserlichen Gesellschaft zur Förderung der Künste«.
    1908 Wechselt in die SwansewaSchule, die Leon Bakst leitet; bleibt dort bis 1910.
    1909 Wiederholte Aufenthalte in Witebsk; lernt dort Bella Rosenfeld ken
    nen, seine spätere Frau, die Tochter eines Juweliers.
    1910 Geht nach Paris; ein Mäzen finanziert die Reise. Ist fasziniert von intensiver Farbigkeit van Goghs und der Fauves. »Die Geburt« (Abb. S. 11).
    1911 Stellt »Ich und das Dorf« (Abb.
    S. 21) auf »Salon des Independants« aus. Bezieht Atelier in »La Ruche«, wo auch Leger, Modigliani und Soutine wohnen. Freundschaft mit Leger, Cendrars, Apollinaire und Delaunay.
    1912 Teilnahme am Salon der Unabhängigen und am Herbstsalon. »Der Viehhändler« (Abb. S. 31).
    1913 Lernt durch Apollinaire Berliner Kunsthändler Walden kennen und nimmt am ersten Herbstsalon in Berlin teil.
    1914 Erste Einzelausstellung in Waldens Galerie »Der Sturm« in Berlin. Reist von Berlin nach Witebsk, wo ihn der Ausbruch des Ersten Weltkriegs überrascht; verliert fast alle in Berlin und Paris zurückgelassenen Bilder; wird in Sankt Petersburg zum Tarnungsdienst eingezogen.
    1915 Heiratet am 25. Juli Bella Rosenfeld in Witebsk. Zieht im Herbst nach Petrograd. »Der liegende Dichter« (Abb. S. 40) und »Der Geburtstag« (Abb. S. 38).
    1916 Geburt der Tochter Ida. Ausstellungen in Moskau und Petrograd.
    1917/18 Wird zum Kommissar der bildenden Künste für das Gouvernement Witebsk ernannt, wohin er zurückkehrt. Gründet dort moderne Kunstschule, an der auch Lissitzky und Malewitsch unterrichten. Organisiert Festlichkeiten zum
    Die Familie Chagall in Witebsk, Marc stehend, zweiter von rechts
    Chagall im Jahre 1925
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    Chagall (sitzend, dritter von links) mit dem Schulkomitee der Akademie in Witebsk. Ganz links El Lissitzky, dritter von rechts Jehuda Pen, Chagalls erster Lehrer in Witebsk. Sommer 1919
    Chagall bei der Arbeit an einem Entwurf für ein Wandgemälde im »Jüdischen Theater« in Moskau. Um 1920/21
    ersten Jahrestag der Oktoberrevolution. Erste ChagallMonographie erscheint.
    Verläßt Akademie nach Streit mit Malewitsch. »Die Tore des Friedhofs« (Abb. S. 45).
    1919/20 Nimmt an erster offizieller Ausstellung der Revoiutionskunst in Petrograd teil; Regierung kauft zwölf Bilder. Zieht nach Moskau und entwirft Wandbilder und Dekorationen für das »Jüdische Theater«.
    Chagall mit Palette. 1925
    1921 Arbeitet als Zeichenlehrer in Kriegswaisenkolonie Malachowka bei Moskau.
    1922 Verläßt Rußland endgültig und reist nach Berlin; Frau und Tochter folgen. Prozeß wegen der 150 in Berlin hinterlassenen Bilder, die inzwischen verkauft wurden. Radierungsfolge »Mein Leben« für Kunsthändler Cassirer.
    1923 Übersiedelt nach Paris. Illustriert Gogols »Tote Seelen« für Verleger Vollard (erscheint erst 1948).
    1924 Erste Retrospektive in Paris. Sommerurlaub in der Bretagne.
    Chagall gibt Malunterricht in der Kriegswaisenkolonie Malachowka bei Moskau. 1920
    1925 Illustrationen für La Fontaines »Fabeln« im Auftrag Vollards (erscheinen erst 1952). »Das bäuerliche Leben« (Abb. S. 53).
    1926/27 Erste Einzelausstellung in New York. 19 Gouachen für Zirkusmappe. Sommer in der Auvergne.
    1928 Arbeitet an den »Fabeln«. Sommer in Ceret, Winter in Savoyen.
    Mit Bella vor der Abreise nach Paris. 1922
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    1930 Auftrag zu Illustrationen der Bibel durch Vollard. »Die Akrobatin« (Abb.
    S. 59).
    1931 Autobiographie »Mein Leben« erscheint, übersetzt von Bella. Reist mit Familie zur Eröffnung des Museums in Tel Aviv; studiert biblische Landschaften in Palästina, Syrien und Ägypten.
    1932 Reise nach Holland; sieht erstmals Rembrandts Radierungen.
    1933 Große Retrospektive in der Kunsthalle Basel.
    1934/35 Spanienreise; beeindruckt von El Greco. Reist nach Wilna und Warschau und spürt die Bedrohung der Juden.
    1937 Wird französischer Staatsbürger. Mehrere seiner Bilder auf Ausstellung »Entartete Kunst«; 59 werden beschlagnahmt. Reist nach Florenz. »Die Revolution« (Abb. S. 61).