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  • У танцы ліхтароў = im lichtertanz Сучасная нямецкая паэзія

    У танцы ліхтароў = im lichtertanz

    Сучасная нямецкая паэзія

    Выдавец: Тэхналогія
    Памер: 167с.
    Мінск 2004
    17.17 МБ
    Noch schläft die Peitsche und in der Peitsche aufgerollt der April.
    Noch sägt jemand Holz, denkt dabei an den Winter;
    und eine Frau geht vorbei, doch er dreht sich nicht um.
    Der Wert der Dichtung wird durch ihre Fähigkeit bestimmt, in den uns umgebenden gewöhnlichen Dingen und Erscheinungen etwas ganz
    Ungewöhnliches zu erblicken, eine andere Realität zu sehen und zu empfinden und dem Leser den „veränderten Zustand" des Bewusstseins zu vermitteln. Bekannte Dinge erscheinen in den Werken, die hier in belarussischen Übersetzungen vorgestellt sind, fast immer in einer anderen Hypostase ihres Seins und Über-Seins. Dafür benutzen die Autoren Mittel wie Parodie, Groteske, sprachliche Paradoxe und schlagen neue sprachlich-assoziative „Brücken“ zwischen verschie­denen sozialen und persönlich-lyrischen Erscheinungen. Das künst­lerische Schaffen erforscht hierbei gleichsam den unaufhaltsamen Lauf des Lebens, der durch menschliche Schicksale und durch das Schicksal der Welt strömt.
    Meisterhaft schildert Rose Ausländer alle Schattierungen der Tragik; im Bild der im Gänsemarsch dahingehenden Mönche des Klosters Dshwari stellt Sarah Kirsch das totalitäre System dar, das den Gesang und die menschliche Stimme selbst „mit einem Knopfdruck stille zu machen“ vermag; mit einer reichhaltigen Palette von bunten, kräftigen Farben könnte man manches Gedicht von Barbara Maria Kloos vergleichen wie z. B. „Die grüne Magie“. Manfred Krüger rückt verschiedene Sprachschichten zusammen und erzielt dadurch eine eigenartige „Erneuerung der Welt“, einen überraschenden Effekt des Gedichtes.
    Jedoch ist die virtuose Handhabung der sprachlichen und dichte­rischen Mittel nicht der Selbstzweck der angebotenen Werke. Sie sind vor allem, ob die Dichter dies zugeben oder nicht, an den Leser adressiert, an denjenigen, dessen Herz die Entdeckungen des Autors nachempfinden und mit ihm mitfühlen kann. Sinnvoll erscheint mirdeshalb die Äußerung von Günter Grass, einem der bedeutendsten Dichter Deutschlands: man müsse sich immer bemühen, den Leser zu gewinnen und zu interessieren, man müsse mit ihm dauernd ein Gespräch führen.
    Ich glaube, der belarussische Leser wird die Texte mit Interesse lesen, um sich davon ein Bild zu machen, wie und womit moderne deutschsprachige Autoren den Leser interessieren wollen. Er wird auch den Duft von Deutschland selbst, den der Seele seines Volkes spüren, weil es nur den Schriftstellern gegeben ist, dafür geeignete Worte und dichterische Mittel zu finden.
    Der Inhalt dieses Buches wurde durch den Geschmack der bela­russischen Übersetzer bestimmt; der Band umfasst Werke deutsch­sprachiger Lyriker aus den letzten ca. fünfzig Jahren. Aber im Ganzen vermittelt er ein mannigfaltiges und interessantes Bild der deutschen Lyrikszene.
    Volha Ipatava
    Rose Ausländer
    Wieder
    Mach wieder Wasser aus mir
    Strömen will ich im Strom
    ins Meer münden
    Роза Аўслендэр
    Зноўку
    Рабі мяне зноўку плыўкай вадою
    Струменем хачу я ў патоку
    у мора ўлівацца
    Einsamkeit
    Wahrgeworden die Weissagung der Zigeunerin
    Dein Land wird dich verlassen du wirst verlieren Menschen und Schlaf
    wirst reden mit geschlossenen Lippen zu fremden Lippen
    Lieben wird dich die Einsamkeit wird dich umarmen
    Адзінота
    Спраўдзілася прадказаньне цыганкі
    Твая краіна цябе пакіне ты страціш людзей і сон
    загаворыш замкнёнымі вуснамі да вуснаў чужых
    Каханьне заменіць табе адзінота яна абдыме цябе
    Entfremdung
    Wir treffen uns hinter der Heimat im Haus mit gebrochenem Flügel schenken uns Fremde einer des andern Findling
    Staub auf den Lippen wortein wortaus
    wir tragen Meilensteine wohin
    Dein Atem weht in andre Richtung ich falle
    aus deinen Pupillen ins Dickicht
    Ich erkenne dich nicht
    Адчужэньне
    Мы сустракаемся па-за радзімай у жытле са зламаным крылом абдорваем адзін аднаго чужынаю знойдзеныя адно адным
    Пыл на вуснах з слова ў слова
    Мы нясём падарожныя камяні куды
    Тваё дыханьне жыве у іншым кірунку я выпадаю з тваіх зрэнкаў у гушчар
    Я цябе не пазнаю
    Ich denke
    Ich denke
    an die Eltern die mich verwöhnten
    an Spielzeug und Kindergespielen
    an Lust und Qual meiner
    ersten Liebe
    an Venedig Luzern die
    Riviera und Israel
    an Hölderlin Trakl
    Kafka und Celan
    an das Getto an Todestransporte
    Hunger und Angst
    an den Unfall
    das ewige Bett an Freunde die
    mich verließen und Menschen
    die mir beistehn
    Ich denke an die Ohnmacht meines Körpers die Macht des Denkens an Zauberworte und Lebenszauber
    Der winkende Tod
    denkt an mich
    Думаю
    Я думаю
    пра бацькоў якія мяне песьцілі пра цацкі й бесьперапынныя гульні
    пра жарсьці і пакуты свайго першага каханьня
    пра Вэнэцыю Люцэрн
    Рыўеру ды Ізраіль
    пра Гёльдэрліна Тракля
    Кафку і Цэляна
    пра гета пра эшалёны сьмерці голад і жах
    пра няшчасьці вечнае ложа сяброў што мяне пакінулі й людзей якія мне спрыяюць
    Я думаю пра нямогласьць свайго цела сілу думкі пра магію слова
    і магічнасьць жыцьця
    Падміргваючы сьмерць думае пра мяне
    Ingeborg Bachmann
    Die gestundete Zeit
    Es kommen härtere Tage.
    Die auf Widerruf gestundete Zeit wird sichtbar am Horizont.
    Bald mußt du den Schuh schnüren und die Hunde zurückjagen in die Marschhöfe. Denn die Eingeweide der Fische sind kalt geworden im Wind.
    Ärmlich brennt das Licht der Lupinen.
    Dein Blick spurt im Nebel: die auf Widerruf gestundete Zeit wird sichtbar am Horizont.
    Drüben versinkt dir die Geliebte im Sand, er steigt um ihr wehendes Haar, er fällt ihr ins Wort, er befiehlt ihr zu schweigen, er findet sie sterblich und willig dem Abschied nach jeder Umarmung.
    Sieh dich nicht um.
    Schnür deinen Schuh.
    Jag die Hunde zurück. Wirf die Fische ins Meer. Lösch die Lupinen!
    Es kommen härtere Tage.
    Інгэборг Бахман
    Пазычаны час
    Надыходзяць цяжкія дні.
    Патрабаваньне вярнуць пазычаны час бачна на гарызонце.
    Хутка табе давядзецца зашнуроўваць чаравікі і праганяць сабак у іхныя двары. Вантробіны рыбін, выкінутых морам, калеюць на скразьняку.
    Згасае цьмянае сьвятло лубіну.
    Ты сочыш праз туман: патрабаваньне вярнуць пазычаны час відаць на гарызонце.
    Бачна, як каханую паглынае пясок, ён падымаецца да аблачынкі яе валасоў, ён перапыняе ейнае слова, ён загадвае ёй маўчаць, ён адчувае, як яна памірае і жадае расстаньня пасля кожнага абдымку.
    Не азірайся.
    Зашнуроўвай чаравікі.
    Праганяй сабак.
    Выкідай рыбу ў мора. Патушы лубін!
    Надыходзяць цяжкія дні.
    Wolf Biermann
    Politische Zoologie
    Wir kommen wieder hoch
    -	sagen die Ratten
    Zeigt Rückgrat!
    -	sagen die Würmer
    Morgen wird alles besser
    -	sagen die Eintagsfliegen
    Vorwärts! Vorwärts!
    -	sagen die Krebse
    Nicht zu hoch hinaus!
    -	sagt Vogel Strauß
    Hier herrscht Redefreiheit
    -	sagen die Fische
    Jetzt bekennt mal Farbe!
    -	sagt das Chamäleon
    Es werde Licht!
    -	sagen die Fledermäuse
    Du sollst nicht töten
    -	sagen die Aasgeier
    Zieht nicht den Schwanz ein
    -	sagen die Hunde
    Wir tun keiner Fliege was zuleide
    -	sagen die Spinnen
    Nur kein Blutvergießen
    -	sagt der Vampir
    Immer Mensch bleiben!
    -	sagen die Schweine
    Freundschaft!
    -	sagte der Ziegenbock
    und nahm mich auf die Hörner
    Вольф Бірман
    Палітычная заалёгія
    Мы зноў устанем на ногі, кажуць пацукі
    Пакажыце цьвёрдасьць!
    -	кажуць чарвякі
    Заўтра ўсё стане лепей, кажуць мухі-аднадзёнкі
    Наперад! Наперад!
    -	кажуць ракі
    Не высоўвайцеся занадта высока!
    -	кажа страўс
    Тут пануе свабода слова, кажуць рыбы
    Пакажыце свой сапраўдны колер!
    кажа хамелеон
    Няхай будзе сьвятло!
    -	кажуць кажаны
    Не забі,
    -	кажа сьцярвятнік
    Не падціскайце хвост,
    -	кажуць сабакі
    Мы й мухі не пакрыўдзім, кажуць павукі
    Толькі без праліцьця крыві, кажа вампір
    Заўжды заставацца чалавекам!
    -	кажуць сьвіньні
    Дружба!
    -	сказаў казёл
    і ўзьняў мяне на рогі
    Ach, Freund, geht es nicht auch dir so?
    Ich kann nur lieben
    was ich die Freiheit habe auch zu verlassen:
    dieses Land
    diese Stadt
    diese Frau
    dieses Leben
    Eben darum lieben ja
    wenige ein Land
    manche eine Stadt
    viele eine Frau
    aber das Leben alle
    Ах, сябра, хіба ты мяркуеш ня гэтак сама?
    Я здольны любіць толькі тое што я вольны пакінуць: гэтую краіну гэты горад гэтую жанчыну гэтае жыцьцё
    Менавіта таму адзінкі любяць якуюсь краіну некаторыя якісь горад шмат хто якуюсь жанчыну але ўсе любяць жыцьцё
    Großes Rot bei Chagall
    ja, das ist ein anderer Chagall, nicht der ewige Fiedler, nicht wieder im Blumenstrauß das labile Liebespaar in stabiler Schwebe
    ein Ikarus stürzt aus Odessas Himmel. Sturz in eine bäuerliche Menschheit. Männer, Frauen glotzen, auf niedrigen Dächern sitzend, stehend, gelassen der Fall war erwartet worden ich aber kann mitansehn wie die da mitansehn die Landung zum Tode, groß blutet ein Rot
    Chagall, sein großes Rot blutet den Berg herunter
    dann
    aus der Braunschen Röhre tropft Holocaust ins Haus. Rinnsal aus Hollywood ein Rot das kleine Rot kriecht unter den Teppich
    Вялікая чырвань у Шагала
    так, ён ня той, ён іншы Шагал. не бесьсьмяротны скрыпач. і тыя двое інакшыя, што млява, бы кветкі ў букеце, лунаюць у паветры
    Ікар зь нябёс адэскіх упаў у лёс мужыцкі. мужчыны і кабеты стаяць на нізкіх дахах, спакойна лупяць вочы падзеньнем іх ня зьдзівіш
    і я магу таксама глядзець на прызямленьне ў сьмерць. неверагодна крывавіць чырвань Шагалаўская чырвань крывёй з гары сплывае потым
    сьцякае з электроннай трубкі Галакост у наш дом. струменьчык з Галівуду чырвань маленькая чырвань паўзе пад дыван
    Als er entlassen war
    Als er entlassen war und kam ein letztes Mal in das Büro Und räumte seinen alten Schreibtisch leer und leerte auch Den Panzerschrank, die Schnur hing schlaff im Siegelnapf Als er Dzierzynski und die Pflanze von der Wand nahm Ein junger Maurer und 'ne Krankenschwester warn dabei Vom Bürgerkomitee geschickt und schwer verknallt die zwei Sie kontrollierten jeden Handgriff, schleppten Aktenkram Halb auch verlegen lächelten die beiden. Wie benommen Nahm sie den Petschaft, den Revolver, Schlüsselbund Da lächelte der Offizier zurück. Er blies gekonnt Dem Pärchen blaue Ringe scharfen KARO-Rauch Die Kippe zitterte ihm zwischen Daum’ und Zeigefinger Er sagte: Unsre Stunde wird bald wieder kommen Und euer Stündlein, junges Glück, kommt auch.